Wie funktioniert eigentlich differenzielle Signal-Übertragung?

Was bedeutet single-ended und differenziell?

Wie funktioniert eigentlich differenzielle Signal-Übertragung?

Viele Messkarten und Messsysteme von Meilhaus Electronic haben Analog-Eingänge, die "single-ended" oder "differenziell" betrieben werden können. Was bedeutet das?

Für die leitungsgebundene Übertragung elektrischer Signale ist immer ein geschlossener Stromkreis erforderlich. Somit werden zwei Leiter zwischen der Quelle des Signals und dem Verbraucher ("Senke" des Signals) benötigt: Signal-Leitung und Erde/GND/Schirm. Auf die Signal-Leitung wirken von außen induktive und kapazitive Störungen ein, zum Beispiel durch Motoren, Transformatoren oder andere signalführende Leitungen in unmittelbarer Nähe. Diese können das Nutzsignal ab einer bestimmten Übertragungslänge verfälschen oder sogar ganz unbrauchbar machen. Nur bis zu einem gewissen Grad kann man dem durch eine gute Schirmung der Kabel entgegenwirken. Prinzipiell gilt auch, dass Kabel in der messtechnischen Signalübertragung immer so kurz wie möglich gehalten werden müssen, insbesondere bei sehr kleinen Signalen, wie sie von Sensoren geliefert werden.

Wirksame Abhilfe kann das symmetrische Übertragungsverfahren schaffen. Hier erfolgt die Signal-Übertragung mit einem Leitungspaar und Erde/GND/Schirm. Also insgesamt drei Leitungen, wobei das Signal-Leitungspaar meist verdrillt/"Twisted-Pair" ausgeführt ist. Auf einer Leitung wird das eigentliche Nutzsignal übertragen, auf der zusätzlichen Leitung ein bekanntes Referenzsignal. Die beschriebenen Störungen von außen wirken auf beide Leitungen nahezu gleich, so dass sich bei Differenzbildung der beiden Leiter-Potenziale die Störung nahezu aufhebt.

Differenzielle Übertragung mit verdrilltem Leitungspaar

Störungen wirken auf Nutz- und Referenzsignal - Aufhebung durch Differenzbildung

Bei einer echt-differenziellen Übertragung nutzt man ein Leitungspaar, das das Nutzsignal mit entgegengesetzter Polarität überträgt. Dementsprechend sind bei echt-differenziellen Eingängen pro Kanal ein Anschluss für das "positve" und das "negative/inverse" Signals vorhanden. Differenzielle Kanäle bieten gute Störsicherheit und müssen zudem verwendet werden, wenn Signalquellen unterschiedliche Masse-Potentiale haben und daher nicht zusammengeschlossen werden können. Bei der pseudo-differenziellen Übertragung wird an Stelle des Referenzsignals mit entgegengesetzter Polarität nur das Bezugspotential als Null-Signal mit übertragen.
Beispiele für differenzielle Übertragungen sind Telefonleitungen, USB-Kabel, Twisted-Pair-Ethernet-Kabel und professionelle Kabel in der Audiotechnik. Auch die ME-9000 arbeitet bei der Übertragung per RS485 mit differenziellen Signalen.

Da sich messtechnische Signale, insbesondere in der Sensorik, meistens im Kleinspannungs-/Niedervoltbereich befinden und oft besonders empfindlich und störanfällig sind, ist es ein großer Vorteil, wenn Messsysteme mit differenziellen Eingängen ausgestattet sind. Der Techniker sollte dies nutzen und immer differenziellen Verdrahtungen den Vorzug geben. Allerdings reduziert sich natürlich die Anzahl der Kanäle dabei um die Hälfte. Die Messkarte ▸ME-4670 bietet zum Beispiel 32 Analog-Eingänge, die als 32 single-ended Kanäle oder aber als 16 differenzielle Kanäle genutzt werden können. Auch kompakte USB- und LAN-Messmodule wie zum Beispiel viele Modelle der ▸LabJack oder ▸RedLab Serie bieten eine Konfigurationsfunktion für die Analog-Eingänge als "single-ended oder differenziell". Wie im Einzelfall genau verdrahtet werden muss, ist in den Handbüchern dieser Messsysteme beschrieben.